Politik 07.04.15
BAG WfbM zu WISO-Bericht
Am 23. März 2015 wurde im ZDF-Magazin WISO unter dem Titel „Gerechter Lohn in Werkstätten?“ in skandalisierender Art und Weise über die Entlohnung von Werkstattbeschäftigten berichtet. Es wurde behauptet, dass die in Werkstätten beschäftigten Menschen mit Behinderung zu Billiglöhnen arbeiten müssten. Martin Berg, Vorstandsvorsitzender der BAG WfbM, erklärte zu diesem Bericht: „Diese Darstellung verkennt leider, dass es sich bei der Werkstatt um Rehabilitationseinrichtungen und nicht um Erwerbsbetriebe handelt.“

Während der Vorbereitung des WISO-Beitrages wurde die BAG WfbM gebeten, eine Stellungnahme zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Werkstätten zu geben. Martin Berg erklärte sich zu einem umfangreichen Interview bereit, das am 11. März 2015 stattfand. Darin legte Berg die Komplexität des Entgeltsystems und die vielseitigen Leistungen, die Werkstätten für eine individuelle Arbeitsplatzgestaltung und passgenaue Assistenzleistung für ihre Beschäftigten erbringen, dar.

Mit großem Erstaunen musste die BAG WfbM zur Kenntnis nehmen, dass die WISO-Redakteure auf die Verwendung dieses Interviews verzichteten. Dies ist umso bedauerlicher, als eine tiefergehende Auseinandersetzung und differenziertere Betrachtung des Gegenstandes nicht nur notwendig gewesen wäre, sondern auch dem journalistischen Anspruch eines öffentlich-rechtlichen Sendeformats gut zu Gesicht gestanden hätte.

Neben einer sehr einseitigen und verkürzten Beleuchtung des Themas weist die Berichterstattung zudem leider zahlreiche inhaltliche Fehler auf. Die wertkreis Gütersloh gGmbH, die in den Fokus des Berichtes gerückt wurde, hat diese in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt. (http://www.wertkreis-gt.de/news-detail/article/statement-zum-bericht-des-zdf-magazins-wiso-vom-23-maerz-2015.html externer Link).

Der BAG WfbM ist es wichtig zu betonen, dass Beschäftigte im Arbeitsbereich einer Werkstatt keine Arbeitnehmer sind. Sie stehen in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis zur Werkstatt, das ihnen beispielsweise Rentenansprüche garantiert, sie aber gleichzeitig beispielsweise aus einer Leistungspflicht herausnimmt.

Die Werkstattbeschäftigten (also die Menschen mit Behinderung) sind nicht erwerbstätig. Denn sie gelten aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderung als dauerhaft voll erwerbsgemindert. Das bedeutet, dass sie wegen ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in der Lage sind, länger als drei Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Deswegen sind Werkstätten auch keine Erwerbsbetriebe, sondern Rehabilitationseinrichtungen. Es ist ihre Aufgabe, die Leistungsfähigkeit der behinderten Menschen zu erhalten, zu fördern und gegebenenfalls zu steigern – im besten Falle führt dies dazu, dass Einzelne eine so hohe Leistungsfähigkeit (wieder)erlangen, dass sie den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nachkommen können.

Da es sich also bei Werkstattbeschäftigten nicht um Arbeitnehmer handelt, erhalten diese auch keinen Mindestlohn, sondern ein Arbeitsentgelt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat gerade erst in einem offiziellen Schreiben diesen Rechtsstatus noch einmal bestätigt (www.bagwfbm.de/file/938 externer Link).

Die Aufgabe von Werkstätten ist es, den Menschen mit Behinderung eine Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Das Entgelt, das Beschäftigte erhalten, errechnet sich aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt. Laut Werkstättenverordnung müssen die Werkstätten mindestens 70 % des Arbeitsergebnisses als Entgelt an die Beschäftigten ausschütten. Der Rest ist zwingend für Renovierungen und Rücklagen vorgesehen. Die Sicherung des Lebensunterhaltes ist nicht Aufgabe der Werkstätten. Darauf hat nicht zuletzt auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte NRW, also die Vertretung der Werkstattbeschäftigten selbst, in einem offenen Brief an die WISO-Redaktion hingewiesen und den Bericht scharf kritisiert. (http://www.nrw-werkstattraete.de/allgemein/offener-brief-an-die-redaktion-von-wiso externer Link).

Der in dem WISO-Beitrag formulierte Vorwurf der Bereicherung auf Kosten der Menschen mit Behinderungen ist absurd, zeugt von Unkenntnis und wird von der BAG WfbM entschieden zurückgewiesen.

Die BAG WfbM setzt sich im Zuge des derzeit in der Erarbeitung befindlichen Bundesteilhabegesetzes nachdrücklich dafür ein, dass es gelingen muss, die Werkstattbeschäftigten finanziell besser zu stellen. In welchem Umfang dies gelingen wird, wird der weitere Gesetzgebungsprozess zeigen.


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