Die Entgelt- und Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten 26.09.24
 

Stand des Videos: 2018
Aktuell beträgt der Grundbetrag 133 Euro und das durchschnittliche Entgelt liegt bei 224 Euro.
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Entgelt und Einkommen
Weitere Informationen zur Reform des Entgeltsystems sowie eine Gegenüberstellung von Werkstattentgelt und Mindestlohn finden sich hier: "Die Entgelt- und Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten" (Stand März 2024).

Entgeltsituation von Werkstattbeschäftigten
Laut Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales betrug das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt externer Link eines Werkstattbeschäftigten im Jahr 2022 224 Euro. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass die Entgelthöhe von Beschäftigtem zu Beschäftigtem, aber auch von Werkstatt zu Werkstatt variiert.




Zusammensetzung des Werkstattentgeltes
Das Entgelt der Werkstattbeschäftigten setzt sich aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag zusammen. Weitere Komponenten des Werkstattentgeltes sind das Arbeitsförderungsgeld (AFöG) und ein Zuschuss zur Altersrente.

Grundbetrag und Steigerungsbetrag werden aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt bezahlt. Das Arbeitsergebnis ergibt sich aus der die Differenz aus den Erträgen und den notwendigen Kosten des laufenden Betriebs im Arbeitsbereich der Werkstatt.

Die Werkstättenverordnung legt fest, dass Werkstätten mindestens 70 Prozent ihres Arbeitsergebnisses in Form von Entgelten an die Beschäftigten auszahlen müssen. Maximal 30 Prozent dürfen als Rücklagen für Ertragsschwankung oder Modernisierungen gebildet werden. Das bedeutet im Klartext: Das Geld, das die Beschäftigten erwirtschaften, geht ihnen direkt zu mindestens 70 Prozent zu.

a) Grundbetrag
Der Grundbetrag ist ein Mindestentgelt, das jede*r Beschäftigte unabhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit erhält. Der Grundbetrag ist seit 2019 kontinuierlich gestiegen und liegt derzeit bei mindestens 133 Euro im Monat. Das Wort „mindestens“ drückt an dieser Stelle aus, dass in Werkstätten, die wirtschaftlich leistungsfähig sind, auch ein höherer Grundbetrag gezahlt werden kann.

Der Grundbetrag ist in seiner Höhe grundsätzlich dem Ausbildungsgeld im Berufsbildungsbereich der Werkstätten angeglichen. Denn niemand soll nach dem Übergang aus dem Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbereich finanziell schlechter gestellt werden.

b) Steigerungsbetrag
Das Gesetz gibt vor, dass Beschäftigte in Werkstätten ein ihrer Leistung angemessenes Arbeitsentgelt erhalten müssen. Deshalb tritt neben den leistungsunabhängigen Grundbetrag ein leistungsabhängiger Steigerungsbetrag.

Der Steigerungsbetrag bemisst sich nach der individuellen Arbeitsleistung der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte. Das bedeutet, die Werkstätten verteilen den Teil des Arbeitsergebnisses, der nach Zahlung des Grundbetrages noch verfügbar ist, auf die Beschäftigten, wobei deren Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird. Die genauen Leistungs- und Verteilungskriterien regeln die Werkstätten in Entgeltordnungen. An deren Erarbeitung wirken auch die Werkstatträte, die Vertreter der Werkstattbeschäftigten, aktiv mit.

c) Arbeitsförderungsgeld
Neben dem Grund- und dem Steigerungsbetrag, die aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt gezahlt werden, bekommen Werkstattbeschäftigte ein Arbeitsförderungsgeld, kurz AFöG. Dieses wird vom zuständigen Rehabilitationsträger an die Werkstätten gezahlt. Das AFöG liegt aktuell bei 52 Euro. AFöG erhalten grundsätzlich alle Beschäftigten, unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit, jedoch nur, wenn ihr Arbeitsentgelt zusammen mit dem Arbeitsförderungsgeld den Betrag von 351 Euro nicht übersteigt.

d) Veranlagung in der Rente
Zusätzlich zu den Entgeltbestandteilen, die den Beschäftigten direkt ausgezahlt werden, bekommen sie einen besonderen Nachteilsausgleich in Form einer Aufstockung ihrer Rentenbeiträge. Das bedeutet, sie werden rentenrechtlich so veranlagt, als ob sie 80 Prozent der sogenannten sozialversicherungsrechtlichen Bezugsgröße verdienten. Die Bezugsgröße entspricht dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr. Der Bund stockt dafür den Differenzbetrag zu den Rentenbeiträgen der tatsächlichen Entgelthöhe auf. Das entspricht im Schnitt einem Zuschuss von über 400 Euro monatlich, der sich in der späteren Rentenhöhe auswirkt.

Mindestlohn und Werkstätten
Die Beschäftigung in Werkstätten entspricht nicht der Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es handelt sich bei Werkstattbeschäftigten also nicht um Arbeitnehmer*innen im klassischen Sinne. Nicht das wirtschaftliche Ergebnis, sondern die berufliche Entwicklung durch individuell angepasste Arbeit und Beschäftigung sowie arbeitsbegleitende Förder-, Bildungs- und Therapiemaßnahmen steht bei der Werkstattleistung im Vordergrund. Menschen, die aufgrund einer Behinderung voll erwerbsgemindert sind, haben einen Rechtsanspruch auf diese Werkstattleistung.

Aus dem Umstand, dass Werkstattbeschäftigte keine Arbeitsnehmer*innen sind, sondern in der Regel in einem sogenannten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis zur Werkstatt stehen, folgt, dass sie für ihre Arbeit in der Werkstatt keinen (Mindest-)Lohn erhalten.

Reform des Entgeltsystems
Die BAG WfbM setzt sich für eine Reform des Entgeltsystems ein, bei der gewissenhaft und umsichtig gehandelt wird und mit den Werkstattbeschäftigten gesprochen wird – nicht über sie. Nur so kann es gelingen, ein auskömmliches, transparentes und nachhaltiges Entgeltsystem im Interesse der Menschen in den Werkstätten zu erhalten.

Wichtiger Baustein ist hier die „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegeben hat. Der Abschlussbericht zur Studie wurde Mitte September 2023 auf der BMAS-Website externer Link veröffentlicht. Eine Zusammenfassung wesentlicher Aspekte des Berichtes gibt es hier externer Link.

Die BAG WfbM begleitete den Forschungsprozess von Beginn an proaktiv und war unter anderem in der Steuerungsgruppe auf Bundesebene vertreten. Der Verband hat aber auch zwei eigene Vorschläge zur Reform des Entgeltsystems in Werkstätten eingebracht. Die Ideen „Grundeinkommen für Werkstattbeschäftigte“ und „Arbeitnehmerstatus mit Teilhabeanspruch“ wurden von zwei verbandsinternen Arbeitsgruppen formuliert. Details zu den beiden Vorschlägen finden sich hier externer Link.

Mit Abschluss des Forschungsvorhabens plant das BMAS, Gesetzesänderungen vorzunehmen. Das eigentliche Gesetzgebungsverfahren wird voraussichtlich Anfang des Jahres 2024 beginnen.

Im Rahmen eines Dialogprozesses im Herbst 2023 hat das BMAS aber bereits Vorschläge zur Reform des Werkstattsystems in insgesamt vier Handlungsfeldern präsentiert. Die BAG WfbM hat sich inhaltlich mit allen Handlungsfeldern auseinandergesetzt und eine Positionierung zur Zukunft des Werkstattsystems entwickelt. Die Positionierung findet sich hier externer Link.