Politik 17.05.09
... ohne Rechte
Menschen, die an psychischen Krankheiten leiden, können ihre Rechte meist nicht voll verwirklichen. „Psychisch kranke Menschen haben die gleichen Rechte wie alle Bürger, die nur dann eingeschränkt sind, wenn eigenes oder fremdes Leben gefährdet ist. Sie können ihre Rechte jedoch oft nicht ausüben“, betont Kalle Zander, Geschäftsführer des Vormundschaftsgerichtstag (VGT) www.vgt-ev.de externer Link. Der VGT ist der Fachverband aller in der Betreuung Aktiven wie etwa Betreuer, Richter, Ärzte oder Behörden.

In Deutschland beruht der rechtliche Beistand psychisch kranker Menschen auf der gerichtlichen Genehmigung und dem Berufsbetreuer. „Jeder Freiheitsentzug wie die Einweisung in eine geschlossene Anstalt braucht eine Genehmigung eines Richters innerhalb von 24 Stunden“, erklärt Zander. Die derzeit 12.000 Berufsbetreuer versorgen etwa ein Drittel der 1,2 Mio. psychisch kranken Menschen in Deutschland. Österreich geht mit den Patientenanwälten einen anderen Weg. „In jeder psychiatrischen Klinik muss dieser Anwalt einbezogen werden, sobald es zu Situationen kommt, in der der Patient sich selbst oder andere gefährdet.“

Die bestehenden Gesetze bezeichnet der VGT-Leiter zwar als „gut“, doch sei ihre Anwendung kaum ausgereift. Ein Hauptproblem sei die fehlende Qualitätskontrolle, des weiteren seien die Patienten mit rechtlichen Zugangsbarrieren konfrontiert. Vorgesehen ist, dass man sich bei Problemen an das Amtsgericht und in weiterer Instanz an das Landes- und Oberlandesgericht wendet. Die letztere Beschwerdeinstanz wird ab September wegfallen, wodurch dann nur mehr die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) bleibt. Juristen bemängeln, dass der nationale Rechtsweg aufgrund der geringen Zahl zugelassener BGH-Anwälte bloß theoretisch ausgeschöpft werden könne. „Doch allein schon der Gang zum Amtsgericht ist für viele fremd, und es gibt viel zu wenige bürgernahe Beschwerdestellen. Das führt dazu, dass sich psychisch kranker Menschen häufig allein und hilflos fühlen“, so Zander.

Um diese Hilflosigkeit zu überwinden, wünscht sich Zander eine flächendeckende Ausweitung von Beschwerdestellen. Bereits bisher schätzt die TU München eine Zahl von 300.000 jährlichen Beschwerden, wobei sich ein Großteil auf die Betreuung bezieht. Der VGT-Geschäftsführer befürchtet, dass es außerdem in Einrichtungen zu nicht gerechtfertigten körpernahen Fixierungen durch Bauchgurte oder Gitter kommt.

Die Zahl psychisch kranker Menschen steigt, insbesondere unter jungen Erwachsenen. „Ursachen dafür sind in der Regel der Lebenshintergrund der Betroffenen wie fehlende Stabilität in der Jugend, Probleme im Elternhaus oder Migration. Diese Gruppe der Erkrankten stellt an die Betreuung besonders hohe Anforderungen“, so Zander. Daneben nehme auch der Anteil betagter Patienten zu, hier jedoch in erster Linie die Altersverwirrung aufgrund der höheren Lebenserwartung. In der Gesellschaft seien psychische Krankheiten oder Behinderungen noch kaum als Realitäten anerkannt, die jeden Menschen eines Tages betreffen können. „In holländischen Städten sieht man etwa viel mehr körperbehinderte Menschen in der Öffentlichkeit“, so die Erfahrung des VGT-Geschäftsführers. Öffentlichkeits-Kampagnen könnten langfristig dazu beitragen, dass psychische Erkrankungen eines Tages kein Stigma mehr etwa für Anstellungen in der Arbeitswelt sind.

Quelle: pressetext.de externer Link


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