Europa 01.12.09
Europas „Verfassung“
Heute ist der Lissabon-Vertrag in Kraft getreten. Die Europäische Union erhält nun mehr Macht als bisher, da sie in vielen Bereichen künftig mehr zu sagen hat und schneller handeln kann. Die EU-Gesetzgebung soll durch den Vertrag effizienter werden. Der große Gewinner ist das Europäische Parlament, da insbesondere seine Kompetenzen ausgeweitet werden. Jedoch wird das EU-Parlament auch künftig kein Initiativrecht haben, das heißt, es entscheidet in mehr Bereichen mit, kann aber keine Gesetzentwürfe erarbeiten. Dies bleibt alleiniges Recht der EU-Kommission, deren Mitgliedern nicht von der europäischen Bevölkerung demokratisch gewählt wurden.

Dafür haben aber die Parlamente der einzelnen Mitgliedstaaten durch den Vertrag von Lissabon mehr Mitspracherecht. Sie müssen rechtzeitig über anstehende Gesetzesvorhaben informiert werden. Lehnen Nationalparlamente mehrheitlich ein bestimmtes Vorhaben der EU-Kommission ab, muss die EU-Kommission dieses zurückziehen.

Mit dem Reformvertrag sollen auch die Bürger mehr Mitspracherecht bekommen. Über das Europäische Bürgerbegehren kann – bei einer Million Unterschriften – von der Kommission verlangt werden, einen bestimmten Gesetzvorschlag vorzulegen. Kommt die Kommission dem Wunsch nicht nach, muss sie dies zumindest glaubhaft begründen. Allerdings ist noch unklar, wie überprüft werden kann, ob diese Unterschriften, die von Staatsangehörigen einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten kommen sollen, „echt“ sind.

Eine weitere große Neuerung des Vertrags besteht darin, dass die EU mehr Gewicht und Gesicht auf der Weltbühne erlangt. Dafür sollen ein permanenter EU-Ratspräsident sowie ein EU-Außenbeauftragter sorgen. Der EU-Ratspräsident bleibt zukünftig zweieinhalb Jahre im Amt, nicht mehr nur sechs Monate. Zurzeit hat der Belgier Herman van Rompuy diesen Posten. Als Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik wurde die Britin Catherine Ashton designiert. Noch ist unklar, wie die Kompetenzen dieser beiden Posten sich voneinander abgrenzen und inwieweit die Mitgliedsstaaten ihnen Kompetenzen übertragen wollen.

Obwohl der Vertrag von Lissabon keine Verfassung ist, sieht er eine verbindliche Charta von Grundrechten vor. Diese Rechte sind in sechs große Kapitel unterteilt: Würde des Menschen, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte sowie Justizielle Rechte. Die Bürger können diese vor dem Europäischen Gerichtshof einklagen.

Im nächsten Werkstatt:Dialog, der Zeitschrift der BAG WfbM, wird ausführlich über den Vertrag von Lissabon berichtet.


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