Im Plenum des Europa:Forums 2010
Ehrengast war Johan ten Geuzendam, Leiter der Abteilung „Integration behinderter Menschen“ in der Generaldirektion Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit der Europäischen Kommission. Er stellte die zukünftige Strategie der Europäischen Kommission zur Integration behinderter Menschen in das gesellschaftliche Leben vor. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben soll verbessert werden. Angesichts der demografischen Entwicklung und dem Mangel an Arbeitskräften werde bald jede Arbeitskraft gebraucht. In der Wirtschaftskrise seien die öffentlichen Haushalte unter Druck geraten. Dies habe zu Etatkürzungen in der beruflichen Rehabilitation geführt.
Johan ten Geuzendam betonte, wichtiger als eine Behinderung an sich sei die Haltung der Politiker, Arbeitgeber, Dienstleister und manchmal auch der behinderten Menschen selbst. Schon von klein auf würden Menschen mit Behinderung nur unzureichend darauf vorbereitet, später auf dem sogenannten allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Das Schulsystem und die lebensbegleitenden Angebote für diesen Personenkreis seien zu verbessern. Auch die Europäische Kommission wisse, dass in manchen Fällen eine Beschäftigung auf dem sogenannten allgemeinen Arbeitsmarkt in der Tat nicht infrage komme. Zumindest der traditionelle Arbeitsmarkt sollte überdacht werden. Die Europäische Kommission erkenne die Notwendigkeit, offene Bildungs- sowie Rehabilitationssysteme zu entwickeln und begrüße die innovativen Ansätze im deutschen Werkstattsystem, insbesondere die Initiative von ausgelagerten Arbeitsplätzen.
Moderatoren waren W. Schrank und Ivo Lötscher-Zwinggi
Die Europäische Kommission führt derzeit eine Studie durch, die sich mit den unterschiedlichen Ansätzen der unterstützten Beschäftigung in allen Mitgliedstaaten befasst. Ziel der Studie ist es, gute Praktiken zu identifizieren und das gegenseitige Voneinanderlernen der Mitgliedstaaten zu unterstützen.
Die Europäische Kommission will die neue Strategie für behinderte Menschen im Einklang mit der Europastrategie 2020 entwickeln. Die „Europastrategie 2020“ ist die Nachfolgerin der „Lissabon Strategie“, mit der die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt werden sollte. Die Kommission will alle sieben „Vorreiterinitiativen“ (Förderung von Innovation, Bildung sowie der digitalen Gesellschaft; ressourceneffizientere Produktion bei gleichzeitiger Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit; Erhöhung der Beschäftigungsquote und der Qualifizierung sowie die Bekämpfung von Armut) der neuen Strategie untersuchen. Die Perspektive für Menschen mit Behinderung soll in allen relevanten Bereichen Berücksichtigung finden, angefangen bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme, der Bildung bis hin zur Mobilität und Unterstützung im Arbeitsleben.
Johan ten Geuzendam betonte auch, dass die Europäische Kommission bestrebt sei, die Kooperation und den Austausch von guten Praktiken in diesem Bereich zu fördern. Innerhalb der „Europäischen Plattform gegen Armut“ soll durch eine veränderte „offene Methode der Koordinierung“ das Engagement der öffentlichen und privaten Akteure gefördert werden, um gemeinsam gegen soziale Ausgrenzung zu arbeiten. Der Europäische Sozialfonds (ESF) würde ein solches Vorhaben unterstützen.