In einem Projekt lernen die Mitarbeiter der Reha-Werkstatt Ost des Behinderten-Werk Main-Kinzig e. V. den Umgang mit Word, Coreldraw und Gestaltungsgrundlagen
Jede Fachkraft kennt sie, die Frage, ob ein Auftrag für die Mitarbeiter geeignet ist. Zu diffizil, zuviel Zeitdruck, nichts für die Feinmotorik der Mitarbeiter, schießt durch die Köpfe, und im Nacken spürbar die Skepsis beim Kunden, ob Menschen mit Behinderung die gewünschte Qualität erbringen können.
Welche Arbeit ist für Mitarbeiter der Werkstatt geeignet? Das Team der Reha-Werkstatt Ost stellte diese alte Frage mit neuem Schwerpunkt: Was brauchen die Mitarbeiter, um den Auftrag ausführen und selber davon profitieren zu können? Das fragte sich das Team, als ein umfangreicher Auftrag an die Werkstatt herangetragen wurde: Die Gestaltung eines Gesundheitsführers mit allen relevanten Adressen von Ärzten und Therapeuten eines Landkreises - das war mit dem Kenntnis-Stand der Mitarbeiter nicht zu leisten.
In einem Qualifizierungsprojekt, welches aus Spenden finanziert wurde, erlernten zehn Mitarbeiter das Handwerkszeug. Sie erhielten in einer Vorphase zweimal wöchentlich Schulungen in Word, Coreldraw und Grundlagen der Gestaltung. In dieser Zeit hatte die Werkstatt auch mit den üblichen Kundenvorbehalten zu kämpfen, welche den Auftrag beinahe zum Kippen brachten. Die Projektgruppe überzeugte den Kunden jedoch durch Arbeitsproben, so daß nach der Vorphase der Echtbetrieb begonnen werden konnte. Damit sich diese Qualifizierung in Theorie und Praxis auch für den weiteren beruflichen Werdegang der Mitarbeiter als nutzbringend erweist, stellte der EDV-Trainer bei Auftragsbeendigung Zertifikate über die Lerninhalte aus.
Wie sehen die Beteiligten das Projekt?
Eine Mitarbeiterin äußert sich: Sie habe durch die Erweiterung ihrer Kenntnisse in Word und Coreldraw Sicherheit am PC gewonnen. Das eigenständige Tun am PC könne sie jetzt auch bei anderen Aufträgen der Werkstatt einsetzen. Die Projekt-Arbeit sei eine interessante Abwechselung zu den überwiegen manuellen Tätigkeiten der übrigen Aufträge gewesen, bei der sie auch einmal die Nähe zum Kunden gespürt habe. Für sich persönlich kann sie die Kenntnisse auch privat, beispielsweise für Bewerbungsschreiben, nutzen. Überhaupt habe sie ein Interesse für Gestaltungstätigkeiten bekommen.
Der Trainer schildert seine Erfahrungen: Als EDV/IT-Spezialist für Lay-Out, Internet und Druckvorlagen hatte er aus früheren Tätigkeiten schon Erfahrungen mit Menschen mit besonderen Schwierigkeiten gesammelt. Er erlebte die Mitarbeiter der Reha-Werkstatt überwiegend als motiviert. Der Kenntnisstand war sehr unterschiedlich. Dies erforderte individuelle Herangehensweisen, welche Stärken und Schwächen jedes einzelnen berücksichtigten. Circa zwei Drittel der Gruppe kam regelmäßig, der Rest wies höhere Fehlzeiten auf. Die Herstellung eines Kalenders, anhand dessen die Teilnehmer die Grundlagen der Gestaltung kennen lernten, verschaffte der Gruppe Erfolgserlebnisse. Insgesamt habe die Gruppe viel Neues erfahren. Diese Kenntnisse bedürfen nun häufiger Umsetzung, um nicht in Vergessenheit zu geraten.
Einrichtungsleitung und Fachkraft beschreiben den Projektprozeß wie folgt: Für die Arbeitsorganisation innerhalb der Werkstatt habe man das Projekt wie einen Auftrag behandelt, auch wenn der Umsatz sich erst bei der Umstellung auf den Echtbetrieb einstellte. Da andere Aufträge wie gewohnt weiterliefen, erforderte das Projekt ein höheres Maß an Flexibilität und Organisation. Lediglich in einem Fall mußten zwei Mitarbeiter bei Produktionsspitzen auf die Projektarbeit verzichten. In der Zeit des Projektes wurden ohnehin neue Mitarbeiter aufgenommen, so daß weitere Engpässe ausblieben. Sowohl Einrichtungsleitung als auch die Fachkräfte beobachteten eine Steigerung der Motivation bei den Projektteilnehmern. Die Mitarbeiter seien nun auch für einfache Computer-Tätigkeiten ohne weiteres einzusetzen. Der Kalender, der sozusagen als Beiprodukt der Fortbildung entstand, werde nun als Eigenprodukt der Werkstatt verkauft.
Clara Husmann
Externe & interne Kommunikation
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