Im Juni 2002 fand auf Initiative der BAG WfbM, im gemeinsamen Veranstalterkreis mit DPWV und BeB, die bundesweit erste Tagung für Anbieter der SPZ statt, die damals den Wunsch äußerten, künftig ein bundesweites Treffen zu wiederholen. Im Veranstalterkreis wurde ein zweijähriger Turnus vereinbart und der Kreis erweitert: hinzu kamen die BVLH, die Caritas und der anthroposophische Fachverband (VAH). Ende Juni 2004 fand schließlich die zweite Veranstaltung erneut in Frankfurt statt - umgeben von Wald, Sportstätten und Flughafen im Tagungshaus des Landesportbundes, unter Federführung des BeB. Der Veranstalterkreis übernahm die Verantwortung und die Moderation.
In diesem Jahr sollte es bereits soweit sein, daß die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der Fortbildungsprüfungsverordnung (FPO) ausgewertet werden sollten: Die Durchführung der Umsetzung war bereits im Juni 2002 mit Zustimmung des Bundesrates auf die Ebene der Bundesländer delegiert worden. Daher war der Veranstaltungsbezeichnung auch der Zusatz "gFAB" (für "geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung") gegeben worden.
Auf der Forumstagung 2002 hatten sich die Anbieter verständigt, den Werkstätten künftig beide Angebote zu machen: die bisherige SPZ (auf Basis des Rahmenprogrammes von 1984 / IBV Nr. 9, 1984) - mit Abschluß über ein jeweiliges Instituts-Zertifikat. Es sollte aber auch die neue Form angeboten werden: die inhaltlich weiterentwickelte Form des staatlich anerkannten Abschlusses zur "geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" (FPO vom 25.06.2001). Die Auseinandersetzung mit den zugehörigen Lehrgangsempfehlungen des BiBB, als inhaltliche Orientierung für ein fachlich gewachsenes Anforderungsniveau in den Werkstätten (Personenkreise, wirtschaftliche Entwicklungen, Selbstverständnis in der eigenen Berufsrolle, u. a), hatte Veranstalterkreis und Anbieter überzeugt, daß die neue Qualifizierung als erheblicher Fortschritt zu bewerten war, der sowohl inhaltlich den Anforderungen der Werkstattarbeit entgegenkam wie auch methodisch den Erkenntnissen der Erwachsenenbildung Rechnung trägt, die eine Verknüpfung von Praxislernen und verbesserten Lernerfolgen nachgewiesen hatte. Dieser Bildungsanforderung wird auch in der Form der Prüfungsgestaltung entsprochen.
Um so überraschender der Umsetzungsstand Mitte 2004: gerade mal in drei Bundesländern war die Verabschiedung einer landeseigenen Prüfungsordnung gelungen: in Sachsen-Anhalt, Hamburg und Rheinland-Pfalz (inzwischen auch Bremen).
Das Tagungsprogramm mußte diesen Umstand aufgreifen und hatte darüber hinaus zahlreiche weitere Anliegen und Interessen integriert.
Praxisprojekte in der Qualifizierung
Der Veranstalterkreis mißt dem Praxistransfer und seiner Gestaltung eine zunehmende Bedeutung für das Gelingen und die Evaluation der Qualifizierung bei. Mit dem zeitlich erweiterten Qualifizierungsangebot des Rahmenplanes für die Vorbereitung zur "geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung" wurde dieser Lehrgangsbereich zu einem zentralen Mittel für eine erfolgreiche SPZ-Qualifizierung.
Dieser Themenbereich stand am Beginn des Treffens, um Impulse aus der Qualifizierungspraxis des Forums anzubieten. Das charakteristische Stichwort war "Trialog der Beteiligten": Anbieter, Teilnehmer und Werkstatt. Peter Schmitz, Leiter des Qualifizierungsangebotes im Herz-Jesu-Haus Kühr in Rheinland-Pfalz, präsentierte ein Praxisprojekt aus der soeben abgeschlossenen Qualifizierung. Klaus Mertens stellte als frisch geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung sein Praxisprojekt vor - zusammen mit seiner Werkstattleitung Frank Mehnert. Ein Praxisprojekt, das in den Caritas-Werkstätten Mayen durchgeführt wurde und dort eine starke Wirkung auf den kollegialen Nutzen für die Fachkraftkollegen, die Werkstatt und die Beschäftigten erzeugt hatte: Vorbereitung und Integration von Werkstattbeschäftigten in eine Außenarbeitsgruppe. Gemeinsam besprochen wurden die Aspekte: Wie erfolgte die Themenfindung? Wie wurde die Zusammenarbeit der drei beteiligten Gruppen aufgebaut und im konkreten Projekt gestaltet? Wie war die Rolle des Mentoren? Welche Verbindung wurde zur praxisorientierten Projektarbeit hergestellt? Wie und nach welchen Kriterien erfolgte die Bewertung?
Kollegialer Austausch
Auch das "Voneinander Lernen" durfte auf der informellen Ebene nicht zu kurz kommen - Raum dazu gab es an den Abenden auf der sommerlichen Dachterrasse der Tagungshauses.
Die 46 Teilnehmer (Laut Auszählung der TN-Liste im Internet) aus 14 Bundesländern nutzen die Möglichkeiten; wo seit 2002 die Verbindungen auf der eigenen Landesebene nicht kontinuierlich fortgesetzt worden waren, gab es erneute Verständigungen zu den gemeinsamen Landesinteressen, aber auch länderübergreifende Kooperationen wurden begründet.
Umsetzungsstand der FPO in den Bundesländern
Für die Berichterstattung zum erreichten Stand in den 16 Ländern war ein kompletter Vormittag eingeplant und konnte zeitlich kaum genügen - so stark war das Berichts- und Nachfrageinteresse der Teilnehmer/Anbieter. Entwicklungen, Probleme/Hürden, Maßnahmen wurden nacheinander von Vertretern aus den einzelnen Ländern vorgestellt - und welche Lösungen, Gestaltungsformen gefunden werden konnten. Insbesondere die Vertreter aus den bislang erfolgreichen Ländern waren mit ihren Erfahrungen und Modellen sehr gefragt. Aus zahlreichen Bundesländern konnten gute Fortschritte berichtet werden - in mehreren Bundesländern bestand die Hoffnung, noch 2004 zum definitiven bildungspolitischen Abschluß auf Landesebene zu kommen.
Leider mußte auch von Rückschlägen berichtet werden. In einigen Ländern gab es trotz zugesagtem Fahrplan keine Bewegung auf Seiten der landesrechtlich zuständigen Stellen bzw. der Sozialministerien der Länder. Große Aufregung entstand infolge der ganz aktuell eingegangenen Information, daß neben Niedersachen nun auch das Landesministerium Schleswig-Holstein eine landeseigene Prüfungsordnung stoppen wollte und sich der Sichtweise anschloß, die aus Niedersachsen bereits gegenüber dem BMGS vorgetragen worden war: Die Umsetzung der FPO auf Landesebene sei eine "Kann-Bestimmung" im Sinne einer weitestmöglichen Rechtsinterpretation der Formulierung in § 1 FPO. In dieser Frage war das BMGS bereits über die BAG WfbM angefragt und um Stellungnahme gebeten worden - eine solche war erst auf den Herbst hin in Aussicht gestellt. Zunächst einmal sollte es eine gemeinsame Beratung der zuständigen Ministerienvertreter der Bundesländer geben.
Die Empörung der Anbieter war groß: Sie hatten sich auf ein neues bildungsökonomisches Wagnis eingestellt, den Werkstätten den Weg für eine besser qualifizierte Ausbildung bereitet und fühlten sich nun bildungspolitisch im Stich gelassen. Die Wohlfahrtsverbände sagten auf Länderebene ihre politische Initiative zu, gegenüber den Ministerien und ihren Werkstätten. Die Anbieter setzten auf verstärkte Kooperation mit den jeweiligen Landesarbeitsgemeinschaften, um bildungspolitische Aussagen zur Umsetzung der FPO auf Landesebene vorzutragen.
Marktplatz für gemeinsame Themen
Austausch und Beratung zu gemeinsamen Themen- und Problemfeldern, zu innovativen Ansätzen war am Nachmittag des zweiten Tages angesetzt. Interesse zum Zusammenschluß in gemeinsamen Arbeitsgruppen fanden folgende Themen: Anbieter-Zertifizierung (Fr. Raulinat/Hamburg); "Marketing" für die Qualifizierung zur geprüften Fachkraft; Auswirkungen zu inhaltlichen Verschiebungen im Curriculum von der bisherigen SPZ zum neuen Umfang mit staatlich anerkanntem und geprüften Abschluß - und schließlich die Anforderungen an die Ausgestaltung der Projektarbeit.
Gemeinsamer Themenwunsch der Anbieter war, sich über psychische Krankheitsbilder von Werkstattbeschäftigen und die Auswirkungen für die Werkstattarbeit zu informieren und die Schlußfolgerungen für die Werkstattarbeit einerseits und die SPZ-Qualifizierung andererseits. Werner Starke aus der Vorwerker Diakonie, Lübeck, war Referent und stellte sich nach seinem Vortrag den Fragen der Teilnehmer.
Die Anbieter aus NRW präsentierten ihren Bundeskollegen ein Beispiel, wie Zusammenarbeit auf Landesebene im Rahmen eines miteinander geführten Verbesserungsprozesses ausgefüllt werden kann: Sie stellten ein gemeinsames Arbeitspapier für selbstverpflichtende Qualitätsstandards vor, das zur Arbeitsgrundlage für alle Anbieter in NRW werden sollte.
Weitere Inhalte wurden gestaltet von Dr. Franz Fink (Ausblick "Persönliches Budget") und von Vertretern des Berufsverbandes der Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung (BEFAB). O. Rodenhäuser stellte zum Tagesabschluß die Werkstätten:Messe der BAG WfbM vor und lud Anbieter der SPZ ein, sich hier ebenfalls im Bereich der beruflichen Bildung für den Werkstattbereich einzubringen.
Qualitätsstandards für die SPZ / gFAB
Auf Initiative der BAG WfbM wurde 2003 ein interner Arbeitskreis aus Mitgliedern und Mitarbeitern der BAG WfbM gegründet, um verbandsübergreifend an folgendem Auftrag zu arbeiten: Entwicklung von Gemeinsamen Empfehlungen für Standards zur Ausbildung / Qualifizierung "Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen". Solche Standards sollen qualitative Orientierung bieten zur Ausgestaltung beider bestehender Angebotsformen: der bisherigen SPZ und der neuen Qualifizierung. Der Arbeitskreis hat einen Entwurf zu Qualitätsstandards für die Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität der Ausbildung/Qualifizierung entwickelt; der Entwurfsstand sollte in der Tagung mit den Anbietern beraten werden, so daß zentrale Verbesserungsvorschläge in die endgültige Ausarbeitung einfließen konnten. Die Standards sollen bis Ende 2004 abgeschlossen und von den Verbänden abgesegnet sein. Weitergehende Zielsetzung sollte eine Eigenverpflichtung der Anbieter auf diese Standards sein, die über einen noch zu klärenden Weg angezeigt werden und damit zu einer Form von "Qualitätssiegel" führen sollte.
Die einzelnen Abschnitte der Standards wurden in Untergruppen beraten: Ausbildung und Abschlüsse; die Bildungsorganisation selbst; Referenten und Dozenten; Teilnehmer und Werkstätten; Transfer und Evaluation. Dr. Steinmetz, Fachberater der SQCert, Saarbrücken, stellte erneut sein fachliches Wissen für die gemeinsame Beratung zur Verfügung und begleitete in schwierigen Zuordnungsfragen.
Das Resümee der Teilnehmer gestaltete sich insgesamt als bereicherndes Votum; ein Fortsetzungswunsch in der angebotenen dreitätigen Form wurde an den Veranstalterkreis herangetragen. Es gibt noch vieles gemeinsam zu tun - das war allen Beteiligten klar geworden. Und daran sollte gemeinsam auch weitergearbeitet werden. Das nächste Treffen soll im Sommer 2006 stattfinden.
Gabriele Reichhardt, BeB, betonte als weitergehende gemeinsame Zielsetzung: An der Möglichkeit eines geprüften Abschlusses für die SpZ (i. S. der geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung) muß unbedingt festgehalten werden. Für diese Option werden sich Verbände, BAG WfbM und die Institute gemeinsam einsetzen.