Politik 05.06.14
Verständnis für Entgelte entwickeln: BAG WfbM im Austausch mit Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V.
Konstantin Fischer, BAG WfbM-Rechtsreferent, und Karl Finke, BSK-Vorstandsmitglied, im Austausch
V. li.: Konstantin Fischer, BAG WfbM-Referent, Karl Finke, BSK-Vorstandsmitglied
© BSK
Sich über Entgelte in Werkstätten zu verständigen, das war das Ziel des Austauschgespräches zwischen dem Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V. (BSK) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. (BAG WfbM) am 23. Mai 2014. Die BAG WfbM wurde durch ihren Rechtsreferenten Konstantin Fischer vertreten.

Aufhänger war die BSK-Forderung „Soziale Teilhabe am Arbeitslohn – Mindestlohn für Werkstattmitarbeiter“. Der Verband der Körperbehinderten hatte diese Kampagne zum 5. Mai, am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, platziert, ohne sich mit der Bundesvereinigung der Werkstatträte (BVWR) oder der BAG WfbM kurzzuschließen.

Um ein gemeinsames Verständnis über Entgelte und den arbeitnehmerähnlichen Rechtsstatus von Werkstattbeschäftigten herzustellen, hatte die BAG WfbM den Dialog initiiert. Der Austausch fand im Rahmen der BSK-Bundesvorstandssitzung in Krautheim (Baden-Württemberg) statt.

„Ein Stundenlohn in Höhe von 1,30 Euro für 100 Prozent Leistung bei einem 8-Stunden-Tag ist diskriminierend. Unser Verband fordert den Mindestlohn auch für Mitarbeiter in Werkstätten für Menschen mit Behinderung“. Mit diesen Worten eröffnete Karl Finke, Landesbehindertenbeauftragter von Niedersachsen und BSK-Vorstandsmitglied, die Gesprächsrunde.

„Grundsätzlich sind wir nicht gegen den Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro“, betonte Fischer gleich zu Beginn der Gesprächsrunde. „Jedoch haben wir weniger den Leistungsanspruch als mehr die Schutzpflicht gegenüber unseren Werkstattbeschäftigten im Blick – zumal viele Grundsicherungsempfänger sind“, sagte Fischer. „Ihre Beschäftigung hängt eben nicht von Ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ab, auch wenn in Werkstätten etwas geleistet wird. Werkstattbeschäftigte sind keine Arbeitnehmer, sondern Rehabilitanden“, so Fischer. Einen Rechtsanspruch auf Förderung durch eine Werkstatt bekommt, wer als „voll erwerbsgemindert“ eingestuft wurde.

Arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis ist ein Schutzrecht
Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis für Werkstattbeschäftigte wurde bewusst und mit gutem Grund vom Gesetzgeber etabliert. Denn dieser Rechtsstatus, an dem unbedingt festgehalten werden sollte, gewährt den Beschäftigten umfangreiche Schutzrechte, beispielsweise Kündigungsschutz. Formal-juristisch sind Werkstattbeschäftigte vom Tarifautonomiestärkungsgesetz und somit von der Mindestlohndebatte nicht erfasst, da sie eben keine Arbeitnehmer sind, sondern Rehabilitanden. Sie haben Anspruch auf umfangreiche Betreuungs-, Bildungs-, Förderungs- und Therapieleistungen – wenn benötigt während des gesamten Arbeitslebens.

Einkommen setzt sich aus Entgelten und Transferleistungen zusammen
Bei der Betrachtung der Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten sollten alle Einkünfte berücksichtigt werden. Werkstattbeschäftigte haben ein existenzsicherndes Einkommen. Es setzt sich aus dem Entgelt, Sozialversicherungsbeiträgen und staatlichen Transferleistungen zusammen.

Zum Hintergrund: Werkstätten haben den Auftrag, Menschen mit Behinderung ein ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Interessen entsprechendes Arbeitsangebot zu bieten. Sie denken von den Schwächsten her und gerade nicht mit der enggefassten Logik der Leistungsgesellschaft. Insofern kann das wirtschaftliche Arbeitsergebnis nicht an dem der Erwerbswirtschaft gemessen werden, demzufolge auch nicht die Entgelte.

Die Arbeitsleistung ist das Ergebnis der Zusammenarbeit aller. Jeder Beschäftigte leistet einen individuellen Beitrag gemäß seiner Leistungsfähigkeit. Das Entgeltsystem schüttet die erwirtschafteten Gewinne an die Solidargemeinschaft der Beschäftigten aus. Es ist gesetzlich verankert, dass mindestens 70 Prozent der erwirtschafteten Arbeitsergebnisse als Entgelt ausbezahlt werden. Von maximal 30 Prozent können Rücklagen gebildet werden, beispielsweise für Entgeltzahlungen bei schwacher Auftragslage in einer Konjunkturflaute.


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