Am Donnerstag, den 16. September haben bundesweit Menschen mit und ohne Behinderungen am Aktionstag „Schichtwechsel“ teilgenommen. Einen Tag lang überließen sie ihren Arbeitsplatz einer anderen Person und erlebten so Arbeit und Teilhabe aus einer ganz neuen Perspektive.
Mehr als 40 Werkstätten für behinderte Menschen und zahlreiche Organisationen und Unternehmen aus vielen Bundesländern beteiligten sich am bundesweiten Aktionstag Schichtwechsel 2021.
Auch Michael Rykaczewski, Beschäftigter der Delme-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Ganderkesee und Andreas Besser, Betriebsleiter des Entsorgungsunternehmens [k]nord, tauschten für einen Tag die „Schicht“. Und für beide Teilnehmer war der Wechsel eine durchweg positive Erfahrung.
„Hier ist richtig viel los, und das viele Laufen ist ungewohnt. Da muss mein Körper erst mal hinterherkommen. Es ist anstrengend, aber gut so. Da weiß ich abends, was ich gemacht habe!“ so Michael Rykaczewski über seinen Einsatz in einer Bentonit-Aufbereitungsanlage des Entsorgungsunternehmens. Neben der Arbeit in der Aufbereitung unterstützte Rykaczewski auch in anderen Bereichen, wie etwa beim Schreddern von Zollware.
Andreas Besser übernahm im Gegenzug für einen Tag die Arbeit von Michael Rykaczewski in der Verpackungs- und Montagegruppe der Delme-Werkstätten. Und auch bei ihm hat der Schichtwechsel positive Eindrücke hinterlassen: „Obwohl ich selbst eine behinderte Tochter habe, die seit einiger Zeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitet, habe ich selbst noch nie länger in einer Werkstatt mitgemacht. Das habe ich heute das erste Mal, und ich fand es schon beeindruckend, was hier geleistet wird!“ so Besser.
Perspektiven wechseln und Neues entdecken
Beim Schichtwechsel tauschen Menschen mit und ohne Behinderungen für einen Tag ihren Arbeitsplatz. „Für beide Seiten eröffnen sich dadurch zum Teil ganz neue Perspektiven. Wir schaffen so Begegnungen und fördern Offenheit sowie ein besseres Verständnis für die jeweils andere Arbeitswelt“, erklärt Martin Berg, Vorstandsvorsitzender der BAG WfbM, die positiven Effekte des Aktionstages.
Der Schichtwechsel sorgt so für Begegnungen zwischen Menschen, die sich in der Arbeitswelt sonst kaum begegnen. Denn Menschen mit Behinderungen sind noch immer häufig vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. „Viele Unternehmen sind noch nicht offen für Menschen mit Behinderungen. Mit dem bundesweiten Aktionstag sollen Mitarbeitende aus Unternehmen und Organisationen die Chance erhalten, Einblicke in Werkstätten und ihre Arbeit zu bekommen sowie Berührungsängste abzubauen“, beschreibt Martin Berg die Ziele des Aktionstages. Im besten Fall, so Berg weiter, stoße der Aktionstag Überlegungen bei den teilnehmenden Unternehmen an, eine Inklusionsabteilung zu etablieren oder Menschen mit Behinderungen direkt einzustellen.
Ein Berliner Original
Entwickelt wurde der Aktionstag „Schichtwechsel“ von den Berliner Werkstätten und der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen Berlin. Mit ihrer Idee des Perspektivwechsels erhielten sie im Jahr 2018 u.a. den „exzellent“-Preis der BAG WfbM. Seit 2019 wird der Aktionstag bundesweit durchgeführt. Die Berichterstattung zum bundesweiten Aktionstag findet in jedem Jahr auf www.schichtwechsel-deutschland.de und unter dem Hashtag #schichtwechsel auf Facebook und Twitter statt.
„Mehr als ein Job“
Der diesjährige Schichtwechsel fand im Rahmen der Kampagne „Mehr als ein Job“ statt, mit der die BAG WfbM darüber informiert, wie wichtig die Werkstattarbeit für die dort beschäftigten Menschen und für unsere Gesellschaft insgesamt ist. Auf der Webseite www.werkstatt-ist-mehr.de kommen in Interviews Expert*innen aus dem Verbandswesen, der Politik und der Wirtschaft zu Wort, außerdem beantwortet die Seite häufig gestellte Fragen rund um Arbeit und Arbeitsbedingungen in Werkstätten für behinderte Menschen.