Die österreichische Bundesregierung ist dazu verpflichtet, in
regelmäßigen Abständen einen Bericht über die Lage von behinderten
Menschen in Österreich zu erstellen. Nach dem ersten Bericht aus dem
Jahre 2003 erstellte das Bundesministerium für Soziales und
Konsumentenschutz (BMSK) in Kooperation mit den anderen
Bundesministerien nun den zweiten Bericht, eine umfangreiche
Dokumentation über die Situation von Menschen mit Behinderungen in
Österreich.
Dieser Bericht umfaßt auf 280 Seiten einen nach Lebens- und
Sachbereichen gegliederten Überblick über die aktuellen
behindertenpolitischen Entwicklungen und Tendenzen der Jahre 2003 bis
2008. Der Behindertenbericht bietet neben einer Darstellung der
rechtlichen und strukturellen Grundlagen auch viele praktische
Informationen und kann daher Menschen mit Behinderungen sowie dem
Fachpublikum als wertvolles Nachschlagewerk dienen.
Der Bericht wird, wie im Regierungsprogramm 2007 beschlossen, künftig
alle zwei Jahre erscheinen und – wie auch in der ersten Ausgabe 2003 –
speziell für Menschen mit Lernbehinderungen in einer „Leichter
Lesen“-Version veröffentlicht werden.
Hochgerechnet haben ca. 630.000 Personen eine starke Beeinträchtigung
bei der Verrichtung alltäglicher Arbeiten, die mindestens schon 6
Monate andauert (behinderte Menschen im engeren Sinn). Hinzu kommt, daß
rund eine Million Menschen chronisch krank sind, ohne eine starke
Beeinträchtigung bei der Verrichtung von alltäglichen Arbeiten zu
haben. Insgesamt leben also in Österreich rund 1,6 Millionen Menschen
mit Behinderungen im weiteren Sinn.
Nach den Ergebnissen der
EU-SILC-Erhebung sind die mit Abstand häufigsten dauerhaften
Beeinträchtigungen Probleme mit der Beweglichkeit. Ca 1 Million
Personen, das sind 13 % der österreichischen Bevölkerung in
Privathaushalten, sind davon betroffen. Rund 3,9 % der Bevölkerung
haben Probleme mit dem Sehen, 2,5 % mit dem Hören. Ebenfalls 2,5 % der
Bevölkerung haben psychische Probleme, geistige Probleme oder
Lernprobleme betreffen ca. 1 %.
Im Rahmen der Studie wurden auch einige
Daten zur sozioökonomischen Situation von Personen im erwerbsfähigen
Alter (16–64 Jahre) erhoben, die eine starke Beeinträchtigung bei der
Verrichtung alltäglicher Arbeiten angaben. Hierbei stellte sich heraus,
daß Menschen mit Behinderungen häufiger alleine leben als nicht
behinderte Menschen und auch häufiger belastenden Wohnverhältnissen
ausgesetzt sind, wie etwa Lärm, Feuchtigkeit, Überbelag.
Das Niveau der Bildungsabschlüsse ist sehr unterschiedlich. Nur 18 %
der nicht behinderten Bevölkerung haben als höchste abgeschlossene
Ausbildung lediglich einen Pflichtschulabschluß, bei Menschen mit
Behinderungen sind es hingegen 38 % (Daten für Personen zwischen 24 und
64 Jahren).
Der Prozentsatz der Erwerbstätigkeit von behinderten Menschen liegt
deutlich unter dem der Gesamtbevölkerung. So ist die
Beschäftigungsquote der Menschen, die eine starke Beeinträchtigung bei
der Verrichtung alltäglicher Arbeiten haben, um die Hälfte niedriger
als die der nichtbehinderten Menschen (34 % zu 67 %). Dies spiegelt
sich auch in den Bruttowerwerbseinkommen wieder. Anteilsmäßig erhalten
mehr Menschen mit Behinderungen Bruttoerwerbseinkommen unter 1.000 €
monatlich als nichtbehinderte Personen (23 % zu 18 %).
Die Armutsgefährdung von behinderten Personen ist mit 20 % fast doppelt
so hoch wie die von nicht behinderten Personen (11 %). Die höhere
Armutsgefährdung von Menschen mit Behinderungen hängt vor allem mit der
geringeren Erwerbseinbindung, geringeren Erwerbseinkommen und den
Folgen der fehlenden oder schlechteren beruflichen Position für die
Berechnung der Pensions- und Sozialleistungen zusammen (Daten für
Personen über 16 Jahren).
Sozialleistungen reduzieren die
Armutsgefährdung deutlich. Gäbe es keine Sozialleistungen, so würden 59
% der behinderten Männer und 61 % der behinderten Frauen im
erwerbsfähigen Alter unter der Armutsgefährdungsschwelle leben. Durch
die Sozialleistungen reduziert sich die Quote der armutsgefährdeten
Personen auf 18 % (Männer) bzw. 24 % (Frauen).
Die Statistik Austria
hat 2007 in einer vom BMSK in Auftrag gegebenen Studie
(Mikrozensus-Zusatzfragen 2007) auch nach der subjektiven Einschätzung
von Benachteiligungen aufgrund einer Behinderung gefragt. Gefragt, in
welchen Bereichen aufgrund einer Behinderung ständig Probleme bestehen
(Antwortkategorie „ja immer“), gaben 21,2 % an, im Freizeitbereich
ständig Probleme zu haben. An zweiter Stelle stand der öffentliche
Verkehr (16,1 %), gefolgt von ständigen Problemen in Wohnung und Haus
(12,6 %) und in der Arbeit (11,1 %).
Die Beschäftigungssituation begünstigt behinderter Menschen kann mit
einem positiven Trend aufwarten. Im Jahr 2007 konnte eine Erwerbsquote
unter den begünstigt behinderten Menschen von 67 Prozent erreicht
werden, welches den höchsten Beschäftigungsanteil dieser Personengruppe
darstellt.
Die Verschärfung der bestehenden Probleme für behinderte Menschen am
Arbeitsmarkt durch den Einbruch der Konjunktur stellt eine
Herausforderung für zukünftige politische Maßnahmen dar. Hier müsse mit
Bewußtseinsarbeit, monetären Anreizsystemen und weitergehenden
Innovationen gegengesteuert werden, stellt Sozialminister Buchinger
fest.