Am 30. Juni 1994 beschloss der Deutsche Bundestag, den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes aufzunehmen. Zum 30-jährigen Jubiläum dieses historischen Schrittes macht die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) darauf aufmerksam, dass auch heute Gesetzesänderungen notwendig sind, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen. Insbesondere die Einkommenssituation von Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten, muss nach Auffassung des Verbandes schnell verbessert werden.
In den drei Jahrzehnten seit der Änderung von Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Werkstätten für behinderte Menschen hatten daran einen wesentlichen Anteil. Denn sie bieten vielseitige Arbeitsplätze, berufliche Qualifizierung und fördern die persönliche Entwicklung ihrer Beschäftigten. Damit setzen Werkstätten den Rechtsanspruch von Menschen mit Behinderungen auf Teilhabe am Arbeitsleben um, den es außerhalb von Deutschland nicht gibt.
Reform des Entgeltsystems in Werkstätten dringend notwendig
„Wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestags vor 30 Jahren beweisen auch die Werkstätten immer wieder Mut, neue Wege zu gehen. Sie beweisen, dass sie offen für Veränderungen sind und einen entscheidenden Beitrag zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen leisten“, sagt Martin Berg, Vorstandsvorsitzender der BAG WfbM.
Werkstätten stoßen aber zugleich auf gesetzliche Rahmenbedingungen, die eine Weiterentwicklung der Werkstattleistung ausbremsen. Ohne Gesetzesänderungen und weitere staatliche Unterstützungen können sie die Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten nicht verbessern.
„Der Verfassungszusatz ‛Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden‛ war ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung und Inklusion in Deutschland. Nun ist es an der Zeit für eine weitere grundlegende Reform: Es braucht konkrete Vorschläge seitens der Politik, wie ein mindestens existenzsicherndes Einkommen für alle Werkstattbeschäftigten schnell erreicht werden kann. Auch wenn zu erwarten ist, dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf dazu vorlegt, ist es fraglich, wann dieser in Kraft tritt und umgesetzt wird“, so Martin Berg.
Die BAG WfbM fordert bereits seit mehreren Jahren eine Verbesserung der Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten - auch jener mit hohem Unterstützungsbedarf – bei der die bestehenden Nachteilsausgleiche der Menschen mit Behinderungen erhalten bleiben. Dazu wird die BAG WfbM weiterhin in engem Austausch mit Vertreter*innen aus Politik und beteiligten Verbänden stehen und sich aktiv in die Debatte um eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Werkstattleistung einbringen.