Politik 06.02.25
Bundestagswahl 2025. Was Parteien mit Blick auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen fordern
Am 23. Februar 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt. Die BAG WfbM hat die Wahlprogramme der derzeit relevantesten Parteien analysiert und die Positionen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben sowie zu angrenzenden Themen zusammengefasst.

SPD
Das SPD Wahlprogramm Mehr für dich. Besser für Deutschland. fordert „echte Teilhabe in einer inklusiven Gesellschaft“. Die SPD will sich für eine inklusive Gesellschaft einsetzen, in der Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe verwirklichen können. Dazu gehört auch das Recht auf Arbeit. In diesem Zusammenhang soll verstärkt die Aufnahme einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gefördert werden. Gleichzeitig soll die Weiterentwicklung der Werkstätten schnell umgesetzt werden. Die SPD betont, dass dabei auch die Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten verbessert werden soll. Wie genau die Weiterentwicklung der Werkstätten sowie die Verbesserung der Einkommenssituation aussehen sollen, wird nicht näher erläutert.

Ebenfalls soll für Menschen mit psychischen Behinderungen Teilhabe und Rehabilitation bedarfsorientierter gestaltet werden. Dies wird im Wahlprogramm der SPD nicht weiter konkretisiert.

Darüber hinaus wollen die Sozialdemokraten die gesetzlichen Regelungen für Gewaltschutzkonzepte in Einrichtungen und Dienstleistungen der Behindertenhilfe stärken. Wie genau, bleibt vorerst offen.

Bündnis 90/Die Grünen
Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen trägt den Titel Zusammenwachsen und beinhaltet ein gesamtes Kapitel, das sich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen widmet. Erklärtes Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können. Maßstab ist dabei die UN-Behindertenrechtskonvention.

Bündnis 90/Die Grünen bezeichnet das Werkstättensystem als ausgrenzend. Deswegen sollen Werkstätten zu Inklusionsunternehmen weiterentwickelt werden, in denen Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam arbeiten. Für die Beschäftigten in den Inklusionsunternehmen soll der Mindestlohn gelten und die Möglichkeit bestehen, existenzsichernde Rentenansprüche zu erwerben.

Die Partei will darüber hinaus dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ihre Potenziale gleichberechtigt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einbringen können. Alle Menschen sollen Zugang zu „guter Arbeit“ erhalten, unter anderem durch die Förderung von inklusiver Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dafür soll es in allen Regionen Beratungsstellen geben. Ziel ist ein inklusiver Arbeitsmarkt.

Da Menschen mit Behinderungen häufiger von Gewalt betroffen sind als nicht behinderte Menschen, soll der Gewaltschutz in Einrichtungen der Behindertenhilfe ausgebaut werden. Auch bei Beratungsstellen und Schutzräumen soll der Zugang für Menschen mit Behinderungen verbessert werden. Details zur Umsetzung werden nicht weiter benannt.

FDP
Im Rahmen ihres Wahlprogramms Alles lässt sich ändern fordert die FDP eine tolerante und offene Gesellschaft. Die Partei will sich für mehr Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen einsetzen.

Im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben sollen durch praxisnahe Förderung und Arbeitsvermittlung die Chancen für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden. Dieses Vorhaben setzt jedoch ein breiteres Engagement von Unternehmen voraus.

Zudem soll ein inklusives Bildungssystem entstehen, das auch die Berufsausbildung miteinschließt.

CDU/CSU
Unter dem Titel Politikwechsel für Deutschland fordert die CDU/CSU in ihrem Wahlprogramm, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu sichern. Menschen mit und ohne Behinderungen sollen zusammen leben, lernen und arbeiten. Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sollen gestärkt werden. Dabei wird unter anderem die Digitalisierung als wichtige Triebkraft gesehen, wie genau diese eingesetzt soll, wird jedoch nicht weiter erläutert.

Im Rahmen der Teilhabe soll Menschen mit Behinderungen der Zugang zu Ausbildung und Arbeit erleichtert werden. Um einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen, will die CDU/CSU die Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stärken und auch Inklusionsbetriebe und Werkstätten unterstützen. Laut CDU/CSU, bieten sie einen geschützten Raum, um sich im Arbeitsleben zu erproben. Ebenso wie im Programm der FDP bleibt auch hier unklar, wie der Beitrag von Unternehmen bei der Gestaltung eines inklusiven Arbeitsmarktes aussehen soll.

Zudem plant die CDU/CSU, dass Sozialleistungen in Zukunft aus einer Hand gezahlt werden sollen, unabhängig von der Anzahl involvierter Sozialleistungsträger.

Die Linke
Das Wahlprogramm Du verdienst mehr von Die Linke beinhaltet ebenfalls ein eigenes Kapitel für Inklusion und Teilhabe. Die Partei erkennt an, dass Menschen mit Behinderungen in vielen Lebensbereichen benachteiligt sind. Mit Die Linke soll die Arbeitswelt inklusiver werden. Aufgrund der hohen Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen soll die Beschäftigungspflicht für Unternehmen wieder auf sechs Prozent angehoben werden. Betrieben soll es erschwert werden, sich „rauskaufen zu können“. Darüber hinaus sollen Inklusionsbetriebe besser gefördert werden, zum Beispiel durch eine umfangreichere öffentliche Finanzierung. Zudem fordert Die Linke, den Mindestlohn auch in Werkstätten einzuführen. Ähnlich wie bei den anderen Parteien bleiben konkrete Finanzierungsvorschläge jedoch aus.

Bündnis Sahra Wagenknecht
Das Bündnis Sahra Wagenknecht bezieht sich in seinem Wahlprogramm Unser Land verdient mehr lediglich auf eine inklusive Arbeitswelt, die das Potenzial aller nutzt und den sozialen Zusammenhalt stärkt. Es bleibt offen, inwiefern sich diese Aussage auf Menschen mit Behinderungen bezieht. Außerdem sollen mehr Anreize für barrierefreie Arbeitsplätze geschaffen werden. Wie genau solche Anreize aussehen können, wird nicht weiter vertieft.

AfD
In ihrem Wahlprogramm Zeit für Wohlstand macht die AfD deutlich, dass durch „Mittelumschichtung“ die Zahlung des Mindestlohns in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden soll. Was genau mit „Mittelumschichtung“ gemeint ist, wird nicht deutlich. Die AfD ist die einzige der hier aufgeführten Parteien, die sich nicht für einen inklusiven Arbeitsmarkt ausspricht und Werkstätten ohne weiteren Bezug zum allgemeinen Arbeitsmarkt betrachtet.

Fazit
In allen Wahlprogrammen, mit Ausnahme der AfD, wird das Thema „inklusive Arbeitswelt“ explizit angesprochen. Es ist aber davon auszugehen, dass jede Partei unterschiedliche Ideen/Vorstellungen zu einer inklusiven Arbeitswelt hat.

Die Mehrheit der Parteien stellt Werkstätten für behinderte Menschen nicht grundsätzlich in Frage. Bündnis 90/Die Grünen fordern allerdings eine Transformation hin zu Inklusionsunternehmen.

Zentraler Aspekt in den Wahlprogrammen ist zudem die Entlohnung von Werkstattbeschäftigten. Die Einschätzung, dass es einer Verbesserung der Einkommenssituation bedarf, wird über Parteigrenzen hinweg geteilt. Die Forderung nach Mindestlohn ist in mehreren Wahlprogrammen zu finden. Zum Teil wird zwar in diesem Zusammenhang auf eine öffentliche Finanzierung verwiesen, Details bleiben jedoch offen.

Außerdem wollen gleich mehrere Parteien den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern. Wie genau das gelingen soll und wie Unternehmen dabei in die Pflicht genommen werden sollen, wird kaum genauer definiert.

Abschließend soll noch die von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und Die Linke geforderte Erhöhung des BAföG hervorgehoben werden. Steigen die Grundbedarfsätze des BAföG, steigt auch das Ausbildungsgeld im Berufsbildungsbereich der Werkstätten und damit verbunden der Grundbetrag im Arbeitsbereich. Was im ersten Moment positiv erscheint, kann jedoch viele Werkstätten vor Herausforderungen stellen, da der Grundbetrag aus dem Arbeitsergebnis erwirtschaftet werden muss.


<< Zurück Seite drucken Diesen Artikel per Email versenden
Schichtwechsel
Werkstatt ist mehr!
Werkstatt ist mehr
Mehr BAG WfbM-Angebote
FAQs Bildungsrahmenpläne
FAQs zu den harmonisierten Bildungsrahmenplänen
„exzellent“-Preise
Die