Bereits im ihrem Positionspapier Perspektive Mensch forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) den Zugang für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf zu Werkstattleistungen der Teilhabe. Dies hat sie in ihrer Abschlussstellungnahme zur hochrangigen Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz noch einmal formuliert. Immer mehr Bundesländer schließen sich dieser Forderung an, darunter Niedersachsen, Hamburg und Baden-Württemberg. So verabschiedeten die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg (LAG:WfbM Baden-Württemberg) am 20. November 2014 auf der Mitgliederversammlung konkrete Forderungen, die nun in ein Positionspapier gemündet sind.
Darin weist die LAG:WfbM Baden-Württemberg darauf hin, dass eine sehr interpretationsabhängige rechtliche Trennlinie entscheidet, ob ein Mensch mit Behinderung berechtigt ist, Werkstattleistungen zu beziehen oder nicht. Das „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ (SGB IX, § 136, Absatz 2 und 3) kollidiert allerdings mit der Grundannahme, dass alle Menschen bildungsfähig sind.
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen macht es vor. Dort haben auch Menschen mit schwerstmehrfachen Behinderungen Zugang zum Eingangsverfahren sowie dem Berufsbildungs- und Arbeitsbereich. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales und die Agentur für Arbeit in Baden-Württemberg erproben derzeit diesen Ansatz modellhaft in zwei Regionen. Die Teilnehmer mit hohem Unterstützungsbedarf werden sowohl in das Eingangsverfahren als auch in den Berufsbildungsbereich sowie den Arbeitsbereich einbezogen. Auch die Finanzierung wird über bereits bestehende Vergütungsregelungen ermöglicht. Die LAG:WfbM Baden-Württemberg stellt in ihrem Positionspapier fest: Die Machbarkeit ist nachgewiesen.
Damit werden Förderstätten aber nicht redundant. Sie werden auch weiterhin eine wichtige Funktion haben und wertvolle, professionelle Arbeit für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf leisten. Letztere müssen jedoch das Maß dessen bleiben, ob und wie sehr sie ins Bildungs- und Arbeitsleben eingebunden werden wollen und können. Gleichzeitig muss das Angebot zur Teilhabe für alle bestehen, die sich dafür entscheiden. Werkstätten können dieses Angebot ermöglichen und sind erfahren darin, diese Leistung auch ortsunabhängig zu erbringen. Schnittstellen zu schaffen und die Leistungen von Förderstätten mit denen von Werkstätten besser zu vernetzen, das sind die notwendigen Schritte auf dem Weg zu einer Teilhabe für alle.
Die Herausforderungen der Finanzierung sowie der rechtlichen Einordnung des Personenkreises müssen angegangen und mit den Ansprechpartnern von Kostenträgern wie auch des Gesetzgebers gemeistert werden.
Politik
21.05.15
Werkstatt(un)fähig? – Forderungen zur Teilhabe für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf